Don Det - Insel im Mekong
Fast waeren wir an unserem spaeteren Domizil vorbei gegangen. Denn am Eingang stand eine alte Frau, die uns mit ihren fuenf wild in der Luft stehenden Zaehnen, aus denen blutrote Fluessigkeit life, verschmitzt anlaechelte. Mit etwas Unbehagen liessen wir uns dennoch die Huette zeigen. Schwer bepackt und die Sonne im Zinit wirkten die einfachen Holzbungalows mit Haengematte auf jeder Veranda fast wie eine Vielsterneunterkunft. Ein hochgewachsener Ungare, dem die Entspannung ins Gesicht geschrieben stand, sprach der kleinen Anlage seine Empfehlung aus und damit waren auch wir mit im Boot.
Die schoenen Bungalows waren sehr einfach ausgestattet. Ohne Toilette, Strom, Schraenken oder Aehnlichem, dafuer mit der besagten Veranda, einem Moskitonetz, zwei Haengematten und das ganze in traumhaften Lage. Umringt von Palmen und Mangobaeumen keine zehn Schritte vom Ufer des Mekong entfernt sollte diese beschauliche Minisiedlung also unser Zuhause fuer die kommenden Tage werden. Und das fuer gerade mal zwei Dollar am Tag.
Wir waren erschoepft von den Reiseanstrengungen des Tages und so beschlossen wir, bei unserer Gastgeberin zu essen, die sich als Tochter der alten Dame herausstellte und in einem separaten Stelzenhaus eine umfangreiche Auswahl an Gerichten zu sehr vernuenftigen Preisen anbot. Wir bestellten uns eine Kokusmilch-Curry-Suppe – und sofort war klar, dass wir uns nach keinem anderen Restaurant umschauen muessen.
Das rote Zeug, welches der Mutter dieses gruselige Aussehen verpasste, stellte sich als eine Mischung aus Lianenblaettern, Baumrinde und besonderen Palmenfruechten heraus. Vermischt mit Kalk, welches sowohl Farbstoffe als auch andere Wirkstoffe aus dieser Mixtur loest, stellt dies ein unter Einheimischen beliebtes, leichtes Rauschmittel dar. Dank dem Ungarn und unserer netten, gleichaltrigen Gastgeberin – beide sprachen ueberdurchschnittliches Englisch – erfuhren wir Etliches ueber die Gegend, das Leben am Mekong und die Leute. Abends schnatterten wir bei einem Beerlao mit unseren Bungalow- und Haengemattennachbarn aus Wien und tauschten Weltreiseerfahrungen aus. Wie viele andere auch machten die beiden Ihre Reise entgegengesetzt unserer Route (kamen also aus Kambodscha), wodurch solche Gespraeche jeweils fuer beide Seiten voller spannender Infos ueber spannende Gegenden, Unterkuenfte und regionale Gepflogenheiten gespickt sind. Eine kleine Kerze in einer halben Kokusnuss als einzige Lichtquelle flackerte fleissig auf der Veranda.
Si Phan Don (4000 Inseln) ist eine ungeheuer schoene Gegend. Die einzige von den Franzosen je in Laos verlegte Eisenbahnstrecke verband Don Det mit ihrer Nachbarinsel Don Khon und hinterliess eine noch heute genutzte Bruecke. Wir schnappten uns Fahrraeder und machten uns auf den Weg, Don Khon zu erobern. Es ist nicht zu fassen, wie sehr man bei gut 40 Grad im Schatten ueber Mittag schwitzen kann. Mit Wasser waren wir gut versorgt und kauften auch staendig welches nach. Aber es war wie Wasser in ein Sieb schuetten. Nach rund 30 Minuten war es hoechste Zeit fuer eine ausgedehnte Mittagspause in einem schattigen Lokal. Kein Wortwechsel. Keine Bewegung. Nichts. Nur das Schwitzen wollte einfach keine Pause machen. Selbst die ganze Packung Servietten hatte schon dran glauben muessen, um die Ueberschwemmung nun auch auf der Tischdecke zu mindest in Grenzen zu halten. Nach weiteren dreissig Minuten fingen Reikes Arme langsam an zu trocknen. In Freude ueber dies positive Entwicklung warf er Anne glueckliche Gesten zu. Und fing sofort erneut an zu schwitzen. Schliesslich gaben wir die Hoffnung auf, und machten uns auf den Weg um die Insel.
Unsere Anstrengungen wurden belohnt. Nach einigen Kilometern kamen wir an einen Wasserfall, in dem sich der Mekong so gewaltig in die Tiefe brach, dass es uns beiden maechtig imponierte. Noch mehr imponierte uns aber, dass dieser gigantische Wasserfall sich beinahe ueber fuenfhundert Meter Laenge und Wolkenkratzerhoehe erstreckte. (Anne stoesst Reike gerade in die kurzen Rippen, er solle nicht immer so uebertreiben). Jedenfalls - am Fusse dieses betraechtlichen Wasserfalles in einer langsamstroemenden Tasche des Flusslaufs bildeten einige Quadratmeter feiner Quarzsand einen kleinen Strand aus. Die Fuesse ins kuehle Nass baumelnd verschnauften wir, als uns ploetzlich fiese, kleine Fische selbstbewusst in die selbigen bissen. Tut natuerlich nicht weh. Aber lustig fuehlt es sich allemale an.
Den naechsten Tag verbrachten wir mit Chillen. Endlich mal nix tun. Anne legte sich in die Haengematte und las einen Reiseroman aus den Achtzigern, der sich witziger Weise natuerlich in Sued-Ost-Asien abspielte. Fast alle Gasthaeuser hier sind mit Buchbestaenden ausgestattet, aus denen man frei waehlen kann. Eigene, gelesene Buecher tauscht man dann einfach gegen einen spannenden neuen Schmoeker. Reike bastelte waehrend dessen an einem Senkkescher. Die Streben aus herumliegenden Bambus geschnitzt (Der Vater der Gastgeberin half mit seiner Machete und offenbar reichlich Erfahrung im Umgang mit Bambus) und das Netz aus Restbestaenden eines der vielen Fischers, dauerte die Fertigstellung fast den gesamten Tag.
Waerend unseres Aufenthalts auf Don Det schlemmten wir zwei uns mindestens einmal die gesamte Speisekarte rauf und runter. Die Kueche hier war einfach hammer. Zum Abendbrot sassen Gastgeberin, der Ungare, unsere Huettennachbarn und wir dann meistens zusammen, assen und redeten, tranken Beerlao und liessen unser Plaudern vom Surren des Dieselgenerators begleiten, der in den fruehen Stunden der abendlichen Dunkelheit die Haupthuette mit etwas Licht versorgte.
Es ergaben sich so viele schoene Motive, die alle gerne fotografiert werden wollten. Doch die Kameraakkus waren auf Null und es gab wie gesagt keinen Strom zum Aufladen. Lediglich ein Internetcafe auf der anderen Seite der Insel wurde auch tagsueber von einem Dieselgenerator mit Strom versorgt. Sobald allerdings kein Gast im Haus war, wurde der Generator aus Kostengruenden abgestellt. Nagut, dann halt mal ein paar Tage keine Bilder.
Am 16. Maerz dann wollten wir aufbrechen, um uns in Richtung Vietnam weiterzubewegen. Das Laos-Visa war kein Problem, wir hatten gerade mal die Haelfte der erlaubten Zeit aufgebraucht. Aber Mitte April geht unser Flug von Singapur nach Bali und wir wollen die kommenden Reiseabschnitte ja auch ungehetzt absolvieren. Am Vorabend waren wir dann auch fast wehmuetig. Don Det ist einfach unglaublich schoen. Der Mekong, wie er sich auf einen halben Kilometer Breite auffaechert. Die rund 4000 Inseln und Inselchen, an denen sich die Stroemung des sonst braunen, hier aber fast klaren Mekongs bricht. Die Abgeschiedenheit, welche eine Insel ohne Bruecke zum Festland naturgemaess mit sich bringt. Die Gastfreundschaft und das sympathisch aufgedrehte Wesen der Hausherrin. Und natuerlich unsere katalogreifen Bungalows. All das wuerden wir sicherlich in den naechsten Tagen vermissen. Und so gaben wir uns noch einmal die volle Packung. Anne stiefelte einer kleiner Herde Wasserbueffeln hinterher, die sich in der Daemmerung vor unserer Huette im flacheren Wasser des Mekongs ihr Abendquartier aussuchten. Reike kletterte endlich auf eine der hohen Palmen, um dieser eine ihrer Kokusnuesse zu entringen (vorgenommen hatte er sich das schon laenger). Und zusammen liessen wir den Abend zu zweit in unseren Haengematten begleitet vom Plaetschern des Mekongs ausklingen.
Am naechsten Morgen dann in der Fruehe brachten uns unsere Gastgeberin und der Ungare in ihrem langen Boot stromaufwaerts nach Nhakasang, dem naechstgelegenen Dorf. Von dort aus wuerde uns ein Bus ins noerdlicher gelegene Champasak bringen, unserer letzten Station vor der Grenzueberquerung nach Vietnam. Schnell noch ein paar Baguettes gekauft und ab in den Tuk-Tuk bus, den wir uns mit vielen Einheimischen und wenigen anderen Backpackern teilten. Sage und schreibe 36 Man, davon vier Moenche in der Fahrerkabine neben dem Fahrer, fuenf Reisende auf dem Dach und drei hinten dran auf der kleinen Trittleiter baumelnd. Der Rest auf der eineinhalb mal drei Meter messenden Fahrgastladeflaeche zusammegefercht. Und los gehts..
Labels: 4000 Inseln, Don Det, Laos, Si Phan Don
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